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Stechinelli, der reiche Zahnstocher von Celle

Francesco Maria Capellini machte Karriere in Celle
Wer heute durch die historische Altstadt von Celle schlendert, ahnt kaum, dass hinter den schönen Fachwerkfassaden Geschichten liegen, die bis nach Italien, Hannover, Venedig und sogar zum Kaiserhof des Heiligen Römischen Reiches führen. Eine dieser Geschichten gehört einem Mann, der in Celle bis heute unübersehbare Spuren hinterlassen hat: Francesco Maria Capellini, besser bekannt als Stechinelli.

Wer war Stechinelli?

Stechinelli wurde 1640 im italienischen Rimini in eine venezianische Adelsfamilie hineingeboren. Aufgewachsen in Italien, schien die künftige Karriere des jungen Francesco Maria erst ungewiss. Doch sein Leben nahm eine Wendung, als er in Rom den Herzog Georg Wilhelm von Calenberg-Hannover kennenlernte. Diese Begegnung sollte sein ganzes weiteres Leben bestimmen.

Wie kam Stechinelli nach Celle?

1656 nahm der Herzog den jungen Francesco als Kammerdiener, aber auch als vielversprechenden Schützling, mit nach Hannover. Er lernte schnell und viel und bereits 1664 schenkte ihm der Herzog den Ballhof, ein bedeutendes Gebäude in Hannover. Ein Jahr später verkaufte Stechinelli den Ballhof und folgte dem Herzog nach Celle, wo er in der Residenzstadt seinen rasanten Aufstieg fortsetzte.

Das Stechinelli-Haus in Celle

Schon im ersten Jahr in Celle wurde Stechinelli Hausbesitzer. Ab 1675 gehörte ihm das heute noch erhaltene Stechinelli-Haus am Großen Plan 14. Heute ist es ein beliebter Stopp für Gäste der Lüneburger Heide, die die atmosphärischen Gassen und Plätze der Celler Altstadt entdecken.

Diplomatisches Geschick: Der Vertrag mit Venedig

1668 gelang es Stechinelli erfolgreich einen Vertrag zwischen der Republik Venedig und den drei welfischen Herzogtümern zu schließen und damit eine Vereinbarung zur gegenseitigen Hilfe im Kriegsfall zu schaffen. Für einen Mann, der wenige Jahre zuvor noch Kammerdiener gewesen war, war dies ein beachtlicher diplomatischer Erfolg.

Landdrost & Gutsherr von Wieckenberg

1675 heiratete er in zweiter Ehe Agnese Elisabeth Breyger, Tochter eines Celler Hofrats. Im selben Jahr wurde er Pfandinhaber des Amtes Clötze und führte fortan den Titel Landdrost. 1677 kaufte Stechinelli das adelige Gut in Wieckenberg, unweit von Celle. Von diesem Gut sind bis heute eine barocke Brunnenanlage und die eindrucksvolle Toreinfahrt erhalten. Diese sind heute beliebte Fotomotive für Besucher:innen, die die Südheide erkunden.

Sein größtes Werk: Die Post in Norddeutschland

In einer Zeit, in der Nachrichten langsam und mühsam durch deutsche Lande reisten, wurde Stechinelli zum Motor der Modernisierung. Die welfischen Herzöge betrauten ihn mit dem Aufbau eines eigenen Postsystems, welches unabhängig von der kaiserlichen Reichspost der Familie Thurn und Taxis war.
1678 wurde er General-Erbpostmeister der drei Herzogtümer. Er reorganisierte den Fernverkehr und gründete mehrere Poststationen.

Reichtum, Geschick und der Weg in den Adel

Stechinelli war ein geschickter Geschäftsmann. Als Hofbankier und Agent des Celler Hofes kaufte und verkaufte er Grundstücke im Fürstentum Lüneburg, oft mit großem Gewinn. Seine Finanzkraft war so groß, dass er wiederholt den Herzog selbst unterstützte.

1688 erreichte er den Gipfel seines Erfolges. Kaiser Leopold I. erhob ihn in den erblichen deutschen Reichsadelsstand. Von nun an trug er den Namen „von Wickenburg“.

Die Stechinelli-Kapelle 

Neben seinem Gut ließ Stechinelli eine Kapelle errichten. Äußerlich schlicht, fast wie ein Bauernhaus, doch innen reich im barocken Stil ausgestattet. 1699 wurde die Stechinelli-Kapelle geweiht, einige Jahre nach seinem Tod. 

Tod & Vermächtnis
Stechinelli starb 1694 in Celle. Sein Leichnam wurde in die Familiengruft der Magdalenenkirche in Hildesheim überführt. Gedenksteine und alte Inschriften zeugen dort noch heute von seiner Bedeutung. Ein eindrucksvolles Vermächtnis eines Mannes, der einst als junger Italiener nach Norddeutschland kam und in Celle zu einer der prägenden Persönlichkeiten des 17. Jahrhunderts wurde.

Auf Stechinellis Spuren durch Celle und die Lüneburger Heide

Wer heute die Region besucht, kann die Lebensorte des „reichen Zahnstochers“ hautnah erleben. Das Stechinelli-Haus in der Celler Altstadt, das Gut Wieckenberg mit der barocken Kapelle, historische Wege des Postwesens und man kann sogar die "Postmeister" Route auf den Spuren Stechinellis radeln. So wird Geschichte erlebbar.